Ausgezeichnet in Bern: fünf Kollegen

April 20th, 2013

Heute Abend wurden sie verliehen. Auf dem Gala-Abend „Tango Criminale“ in Bern: die vier renommierten Friedrich-Glauser-Preise und der Hans-Jörg-Martin-Preis 2013.

Sieger Friedrich-Glauser-Presie + Hans-Joerg-Martin-Preis 2013

Ausgezeichnet: Gunter Gerlach, Roland Spranger, Regina Schleheck, Susan Kreller, Marc-Oliver Bischoff (v. li.)

Als Jurymitglied der Sparte Debüt und diesjährige Glauser-Preis-Laudatorin freue ich mich ganz besonders für den Gewinner Marc-Oliver Bischoff. Sein Roman Tödliche Fortsetzung ist im wahrsten Wortsinne ausgezeichnet!

In der Sparte Roman ging der Friedrich-Glauser-Preis an Roland Spranger für den Kriminalroman Kriegsgebiete. Für den besten Kurzkrimi konnte Regina Schleheck die begehrte Glauser-Preis-Statue entgegennehmen. Titel ihrer Story: Hackfleisch. Spannung auch bei den Kinder- und Jugendkrimis: Hier erhielt Susan Kreller den Hans-Jörg-Martin-Preis für ihren Roman Elefanten sieht man nicht.

Schwab+Bischoff Preisverleihung Debuet 2013

Stimmgewaltig: Charlotte Schwab (li.) liest aus „Tödliche Fortsetzung“ von Marc-Oliver Bischoff (re.)

 

Aus den Büchern der Gewinnerinnen und Gewinner las die Schauspielerin Charlotte Schwab. László Kish, unter anderem ehemaliger Tatort-Kommissar, hat den Gala-Abend moderiert.

 

Statuen Friedrich-Glauser-Preis 2013

Begehrt: die Statuen für den Ehren-Glauser (li.) und die schwarzen Handschuhe für die Besten der Formen Kurzgeschichte, Debüt, Roman, Kinder-/Jugendkrimi

 

Den Friedrich-Glauser-Ehren-Preis für besondere Verdienste um die deutschsprachige Kriminalliteratur verlieht das Syndikat (Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur) an Gunter Gerlach.

 

 

Es war ein wunderbarer Abend in Bern! Und ich freue mich, dass ich für Tödliche Fortsetzung von Marc-Oliver Bischoff die Lobesworte sprechen durfte :-) Das bekam das Publikum zu hören:

„Martin Kanther ist Bestsellerautor – gewesen. Vor zwanzig hat sein Debüt-Roman ‚Drachentöter‘ grauenhafte Berühmtheit erlangt: Denn die Prostituiertenmorde, die der Autor dort beschrieben hat, sind Realität geworden. Und zwar nach Vorlage seines Romans. Martin Kanther ist damals selbst unter Verdacht geraten, der Täter aber nie enttarnt und gefasst worden.

Heute ist Kanther ein Wrack: fett, alkoholsüchtig und immer in Geldnot. Bis er ein lukratives Angebot erhält: Ein Unbekannter bittet ihn, ein Manuskript zu lektorieren. Damit beginnt das Grauen von Neuem: Das
anonyme Manuskript setzt nämlich nicht nur Kanthers eigenes Debüt fort, sondern auch das blutige Morden geht ganz real weiter.

Lieber Marc!

Du hast uns drangekriegt: War er’s oder war er’s nicht …

… unser misanthropischer literarischer (und also fiktiver) Autoren-Kollege Martin Kanther. Der Held, oder besser: Antiheld der „Tödlichen Fortsetzung“. Nicht einmal der selbst weiß, ob er während eines seiner rauschbedingten Filmrisse zum Mörder geworden ist oder nicht.

In seinem Debütroman verwebt Marc-Oliver Bischoff Fiktion und Realität zu einem packenden Szenario des Grauens. Dabei treibt er die Handlung wie in langjähriger Profi voran. Unerbittlich, konsequent aufgebaut und mit überraschenden Wendepunkten verdichtet der Autor Szenen der Gewalt und Passagen tiefster Menschlichkeit zu einem komplexen und stimmigen Thriller.

Faszinierend ist, wie exzellent der Autor die Details seiner vielfältigen Schauplätze recherchiert hat. Da stimmt alles: vom Aktenzeichen eines Vernehmungsprotokolles  über die weißen Kacheln und den Formalingeruch, zwischen denen der Rechtsmediziner die Unterbrechung der zerebralen Blutzufuhr erklärt bis hin zu den ausgetretenen Stufen, die zum muffigen Zimmer der ukrainischen Prostituierten führen, der Frau mit den vielen blauen Flecken – dem ersten Opfer in ‚Tödliche Fortsetzung‘.

Das Opfer ist – wie so vieles im Roman – keines für Leser mit zartem Gemüt. Aber es ist auch keines, das Blutvergießen fordert. Es ist ein Opfer, bei dem – und auch das inszeniert Marc Bischoff gekonnt – vieles erst in der Phantasie des Lesers zum Grauen wird. Und nicht nur das: Auch in der Phantasie des Protagonisten Martin Kanther wächst das Grauen:

War er’s oder war er’s nicht – er selbst, der Schriftsteller?

Mit der Figur des Kanther beweist Marc-Oliver Bischoff seine ganz große Stärke: Charaktere zu schaffen, die nahe gehen und die den Leser noch lange nach der Lektüre beschäftigen.

Kanther verkörpert selbstverschuldete Tragik und gelassene Resignation. Er säuft, haust im Dreck, existiert in den Tag hinein. Doch er jammert oder bemitleidet sich nicht, und er schimpft auch nicht über andere. Genau deswegen ist er auch nicht nur anstoßend. Im Gegenteil: Er berührt den Leser in seinen Defiziten. Genauso, wie Martin Kanthers Gegenspieler und Gefährten mit all ihren großen Licht- und Schattenseiten und ihren kleinen, liebevoll gezeichneten Eigenheiten uns nahe gehen.

Petra Busch Laudatio für Marc Bischoff

Gesprächig: Petra Busch, Glauser-Preis-Trägerin 2011, hält die Laudatio für Marc-Oliver Bischoff


Marc-Oliver 
Bischoff hat einen packenden, tiefgründigen und beängstigend realistischen Kriminalroman geschaffen. Einen, der die düsteren Seiten des Lebens genau umreißt. Und einen, der auch geübte Krimileser überrascht und überzeugt.

 

 

Lieber Marc,

Du hast uns dran gekriegt! Und nicht nur das, sondern auch dazu, Dir den Friedrich-Glauser-Preis für das beste Debüt des Jahres 2012 zuzuerkennen.

Ganz herzlichen Glückwunsch!

Fotos: Petra Busch & Michael Kibler (letztes)

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  • „Es ist idiotisch, sieben oder acht Monate an einem Roman zu schreiben, wenn man in jedem Buchladen für zwei Dollar einen kaufen kann."
    (Mark Twain)